Lange kannte der Immobilienmarkt in Deutschland nur einen Trend - den nach oben. Begünstigt durch das niedrige Zinsniveau löste der Traum vom Eigenheim in vielen Regionen einen Bauboom aus. Zudem galt eine Immobilie durch beständige Wertentwicklung als attraktive Geldanlage, nicht nur für Investoren. Doch seit wenigen Monaten herrscht Bewegung im Markt und es stellt sich die Frage: Wie wirken sich Zinsen, Inflation und Energiebeschaffung auf die Immobilienpreise in Deutschland aus?
Wie entsteht einImmobilienpreis?
Der Wert einer Immobilie wird im Rahmen einer Immobilienbewertung festgestellt und soll aufzeigen, ob das Wohn- oder Geschäftshaus zum aktuellen Zeitpunkt an Wert gewonnen oder verloren hat. Das Ergebnis spiegelt in der Regel den Rahmen für den Verkaufspreis wider. Doch in der Analyse kann es je nach Berechnungsmethode unterschiedliche Ergebnisse geben. Während sich Schnellanalysen an Verkaufswerten im Markt orientieren und einen entsprechenden Preis pro Quadratmeter benennen, kann ein Sachverständiger komplexere Bewertungsmethoden heranziehen, die beispielsweise auch Ausstattung und Lage berücksichtigen. Durch die gestiegene Nachfrage der letzten Jahre lagen die gezahlten Immobilienpreise dennoch über den von Gutachtern ermittelten Immobilienwerten, was wiederum die Bewertung der Immobilienpreise beeinflusste.
Wofür werden Immobilienwerte noch verwendet?
Der Immobilienpreis hat neben dem Verkauf auch Auswirkungen auf andere Bereiche. Ein Beispiel ist die Erbschaftsteuer. Wird eine Immobilie mit dem Tod einer Person vererbt, so stellt sich die Frage, wie viel Erbschaftsteuer für das vererbte Objekt zu zahlen ist. Das bemisst sich in der Folge vor allem daran, wie hoch der Wert und/oder der Verkaufspreis einer Immobilie sind. Der Steuerpflichtige muss hierzu im Zuge einer Erbschaftsteuererklärung eine fundierte Einschätzung abgeben. Die Finanzverwaltung als zuständige Behörde nimmt dann in der Regel eine eigene Einschätzung zu Immobilienpreis und Wert vor oder fordert zur Plausibilisierung zusätzliche Angaben an. Auch im Rahmen der neuen Grundsteuer spielen Wert und Preis eine Rolle. So wird die Grundsteuerlast etwa für einige Immobilien mithilfe des Sachwerts ermittelt.
Weniger Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser
Wie das Statistische Bundesamt im Juni mitteilte, sank die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser weiterhin. Demnach wurden von Januar bis Mai 2022 genau 17,8 Prozent weniger Baugenehmigungen erteilt als im Vorjahreszeitraum. Eine gegenteilige Entwicklung gab es bei den Zweifamilienhäusern, hier stieg die Anzahl der Genehmigungen um 2,1 Prozent.
Bedeuten steigende Zinsen fallende Immobilienpreise?
Nicht zuletzt die Anhebung des Leitzinses durch die EZB hat die Finanzierung von Immobilen deutlich verteuert. Im ersten Halbjahr 2022 verdreifachten sich die Zinsen für zehnjährige Kredite auf zeitweise 3,4 Prozent, Experten gehen von einer Steigerung von bis zu 4 Prozent bis zum Jahresende aus. Doch sind diese Werte bereits im Markt spürbar? In einer Auswertung des größten deutschen Immobilienmarktplatzes Immoscout24 sank die Nachfrage an gelisteten Immobilien um 36 Prozent im Gegensatz zum Vorjahr. Gleichzeitig wurden über 40 Prozent mehr Immobilien angeboten. Einen leichten Preisrückgang verzeichnete das Portal im zweiten Quartal bei Neubauwohnungen und Einfamilienhäuser in fast allen deutschen Metropolen außer Berlin, bei Bestandswohnungen gab es indes noch keine Preisrückgänge. Abseits der Metropolen stiegen die Preise generell noch weiter leicht an.
Was bringt die Zukunft?
Noch scheint es zu früh zu sein, alle Auswirkungen abzusehen, führende Experten der Immobilienwirtschaft sehen aber dennoch keinen deutlichen Einbruch der Preise auf breiter Front. In dicht besiedelten Metropolen ist mit einem leichten Rückgang zu rechnen, „Schnäppchen“ für Käufer sind aber nicht zu erwarten. Vielmehr scheint eine Neubewertung einiger Immobilientypen wahrscheinlich. So könnte die Energiekrise zu einer Aufwertung energieeffizienter Immobilien führen. Steigende Benzinkosten machen großstadtnahe Objekte wieder attraktiv. Verkäufer müssen mit längeren Vermarktungszeitspannen rechnen, daher zahlt sich aus, wer hier den richtigen Immobilienpartner an seiner Seite hat.